VJ-Stipendium

Meine Zeit als VJ bei der MEDIASCHOOL BAYERN

/ / Bild: M94.5

Meine Entscheidung, im April 2017 Teil des M94.5-Teams zu werden und neben dem Studium Erfahrungen in der Medienwelt zu sammeln, war eine der besten, die ich getroffen habe. Nach dreieinhalb Jahren Radio wollte ich eine neue Richtung einschlagen und habe angefangen, mich mehr und mehr für Videojournalismus zu interessieren. Das VJ-Stipendium bei der MEDIASCHOOL BAYERN war für mich der nächste logische Schritt.

Vor dem Programm hatte ich noch nie eine Filmkamera in der Hand, wusste nicht, was Einstellungsgrößen sind und hatte keine Ahnung von Dramaturgie oder Storytelling im Fernsehen. Aber in den ersten eineinhalb Monaten des VJ-Stipendiums habe ich so viel gelernt, wie noch nie in so kurzer Zeit: Wie bedient man eine Kamera und schafft es, schöne Aufnahmen zu machen? Wie filme ich ein Interview? Wie benutzt man Schnitt- und Animationsprogramme? Was macht einen guten TV-Beitrag aus? Zusätzlich konnte ich Erfahrungen machen, die über die Grundlagen des journalistischen Arbeitens hinaus gehen: Zum Beispiel, wie man sich als Journalistin auf einer Demonstration von Querdenker*innen verhalten sollte, oder was es bedeutet, alleine mit Kamera, Stativ und Tonangel loszuziehen und am Ende mit schönen Bildern und guten Interviewtönen zurückzukommen.

Die VJs auf der Querdenker-Demo, November 2020.

Als die Zeit der Kurse und des Lernens vorbei war, hatte ich mit meinen drei Kolleginnen die Möglichkeit, das gerade Erlernte direkt umzusetzen und aus Herzensthemen Videoformate zu zaubern. Ich hatte mich schon lange mit dem Thema political correctness beschäftigt und viel darüber nachgedacht. Meiner Meinung nach ist es nicht schwierig, sich politisch korrekt auszudrücken, solange man den Wortschatz dafür hat. Aus diesem Gedanken entstand unser VJ-Format „macht:wort“: Kurze, zwei- bis dreiminütige Videos auf Instagram, die von uns VJs moderiert werden. Wir erklären, wie man richtig gendert, was BIPoC heißt, was hinter dem Begriff political correctness steckt oder was LGBTQ+ bedeutet. Wir als Journalistinnen arbeiten mit Sprache, wir sind uns also bewusst, wie viel Macht Sprache hat und wie wichtig es ist, sich mit der eigenen Ausdrucksweise auseinanderzusetzen. Menschen, deren Bewusstsein dafür nicht so groß ist, wollten wir mit unseren Videos Anregungen geben und die negative Konnotation des Begriffs political correctness ablegen. Immer wieder bekommen wir Nachrichten von Zuschauer*innen, die uns erzählen, dass sie viele Aspekte bestimmter Themen in unseren Videos noch gar nicht wussten und sich dafür bedanken. Unser Vorhaben hat also funktioniert.

Das VJ-Büro umgebaut für die macht:wort-Drehs.

Ein anderes Thema, das uns sehr beschäftigt hat, sind interkulturelle Unterschiede. Eine meiner Kolleginnen ist Ägypterin und im Alter von 18 Jahren zum Studieren nach Deutschland gekommen. Durch viele Gespräche haben wir gegenseitig viel über die jeweils andere Kultur erfahren. Uns fiel auf, dass in den deutschen Medien sehr wenig über die deutsch-arabische Beziehung gesprochen wird. Also entwickelten wir das zweisprachige Diskussionsformat „Zwischen Menschen“, bei dem sich eine deutschstämmige und eine arabischstämmige Person auf Anregung von uns unterhalten und über Themen wie Freundschaft, Demokratie, Religion, Familie und Sexualität sprechen. Der Prozess der Konzeption, Recherche, Vorbereitung und Produktion hat dazu beigetragen, unsere eigenen Vorurteile abzubauen und uns näher zusammen gebracht.

Beim Dreh für Zwischen Menschen.

Das einzige, das mein Videojournalismus-Stipendium noch idealer gemacht hätte, wäre mehr Zeit – mit der Erkenntnis, dass sechs Monate fast zu kurz sind. Wir haben so viel gelernt – über Technik, über die Fernsehwelt, über Teamarbeit, Drucksituationen und über uns selbst.


Mein nächster Schritt nach dem Stipendium war die Mitarbeit bei einer Produktionsfirma. Dort kann ich als Social Media-Redakteurin alles, was ich durch das VJ-Stipendium gelernt habe, im Rahmen eines neuen Nachrichten-Projekts für den Sender RTL 2 nun auch im richtigen Berufsleben anwenden und davon profitieren.